10.02.2021

Per App zum Wunschmenü

Die Corona-Pandemie hat die deutsche Wirtschaft nach wie vor fest im Griff. Vor allem die Gastronomie leidet erheblich unter den Umsatzeinbußen infolge des andauernden Lockdowns. Auch die Hochschul­gastronomie ist von den negativen Auswirkungen betroffen. Um nicht komplett zu schließen, greifen viele Restaurants und Gastronomie-Ketten auf Lieferdienste zurück oder bieten die Möglichkeit an, dass Kunden sich ihre Menü-Bestellungen abholen können. Auch das Studentenwerk Osnabrück bietet mit dem Konzept „Mensa To Go“ einen entsprechenden Service für die Studierenden. Das kommt gut an bei den Mensagästen.

Ein wenig nachdenklich stimmt der Blick in den leeren großen Speisesaal der Mensa „Am Schlossgarten“, herrscht hier doch normalerweise unter der Woche zur Mittagszeit Hochbetrieb. Doch die Zeiten sind nicht normal, eine bittere Tatsache, mit der sich Tausende von Unternehmen seit März vergangenen Jahres – seit Ausbruch der Corona-Pandemie – tagtäglich aufs Neue auseinandersetzen müssen.
Erfolgsmodell
„Mensa To Go“

Auch das Studentenwerk Osnabrück hat auf die Krisensituation reagieren müssen, stellte am 18. März 2020 mit Beginn des Lockdowns den Mensabetrieb ein, um ihn dann nach vorübergehender Lockerung der Maßnahmen am 5. Mai zum Teil wieder hochzufahren, zunächst jedoch ohne die Möglichkeit des Vorortverzehrs. Dreh- und Angelpunkt des damaligen Neustarts: Das Konzept „Mensa To Go“. Das dahinterstehende Prinzip: Der Gast holt sich das bestellte Menü an der Ausgabestelle der Mensa seiner Wahl (Mensa Schlossgarten, Mensa Westerberg, Mensa Vechta, Mensa Lingen) innerhalb eines Zeitfensters ab und bezahlt bargeldlos an der Kasse. Das Ergebnis: Personenbegegnungen im Gebäude werden auf ein Minimum reduziert, die Ausgabe verläuft zeitlich gestaffelt und Hygieneregeln können bestmöglich eingehalten werden.

„Das Konzept kam bei den Studierenden von Anfang an sehr gut an, wir waren vom Erfolg selbst überrascht, wie schnell es sich etablierte“, erinnert sich Philipp Heckmann (35), stellvertretender Abteilungsleiter der Hochschul­gastronomie des Studentenwerks Osnabrück. Sicher hat auch die App „SWOSY“ einen Anteil daran, dass „Mensa To Go“ so gut funktioniert: Über die App verläuft der gesamte Bestellvorgang: Der Gast kann über sie den Menüplan des nächsten Tages einsehen, wählt bequem vom Handy aus die bevorzugte Mensa, das Wunschmenü und anschließend das Zeitfenster zum Abholen der Bestellung. Mit einer Bestellnummer holt er sich tags darauf das Essen an der Ausgabestelle der Mensa ab, bezahlt und nimmt es mit nach Hause. Die Nutzung der App ist Voraussetzung für die Essensbestellung. Über „SWOSY“ bestellt der Gast jeweils am Vortag bis 23.59 Uhr sein Menü, das er am Folgetag in dem selbst gewählten 10 Minuten-Zeitfenster zwischen 11.30 und 15 Uhr abholen kann.

Mittlerweile sei die App, die von Studenten des Fachbereichs Informatik der Uni Osnabrück programmiert wurde, knapp 12.000 Mal heruntergeladen worden. Zwischen 3.000 und 4.000 aktive Nutzer könne das Studentenwerk Osnabrück aktuell verzeichnen und rund 1.000 Essen wurden unter den eingeschränkten Umständen täglich an allen Mensen zusammen ausgegeben. Davon entfallen auf die Mensa Schlossgarten pro Tag etwa 300 bis 500 Bestellungen. „Gewiss“, räumt Heckmann ein, „damit sind wir natürlich weit von den 8.000 Menüs entfernt, die wir vor Corona ausgegeben haben, aber so können wir den Betrieb aufrechterhalten und unserem Versorgungsauftrag nachkommen“, so der Ökotrophologe. Zudem biete die App weitere Funktionalitäten wie etwa die ausführlichen Nährwertangaben sowie die Menüfotos der Gerichte. „In den letzten Monaten haben wir viele Ideen verwirklicht. Mit der App beispielsweise nutzen wir neben der Bestellfunktion auch direkte Feedback- und Kommentarfunktionen. Wenn ein Gast eine Frage zu einem Menü hat, bekommt er die Antwort direkt per Push-Nachricht auf sein Smartphone. Teilweise wirkte Corona wie ein Innovationsbeschleuniger.“

Nach weiteren Lockerungen der Corona-Maßnahmen ging das Studentenwerk zum Wintersemester dazu über, einen Mischbetrieb anzubieten und bot von Mitte September bis Ende Oktober „Mensa To Stay“ und „Mensa To Go“ an. Doch mit Wiedereinsetzen der Lockdown-Maßnahmen im Herbst sei man zum 1. November wieder zum ausschließlichen To-Go-Betrieb zurückgekehrt. Zunächst habe man befürchtet, dass dadurch auch die Nachfrage der Studierenden am Mensaangebot nachlasse, doch letztlich seien die Bestellungen erfreulicherweise nur unwesentlich zurückgegangen, so Heckmann, der das vor allem auf das sehr gute Menüangebot zurückführt.

Neue Menülinien und nachhaltige Mehrwegschalen

Die Hochschulgastronomie unter Leitung von Theo Thöle entwickelte 2019/2020 drei neue Menülinien für drei Ernährungstypen: „Mensa Global“, „Mensa Active“ und „Mensa Classic“. Für die Vielzahl der neuen Rezepte bekommen die Küchenteams der Mensen viel Lob von den Studierenden. „Wir verarbeiten bevorzugt saisonale, frische, biologisch erzeugte und fair gehandelte Produkte, die möglichst aus der Region kommen“, erklärt Heckmann. Beim Fleisch etwa werde eine artgerechte Tierhaltung bevorzugt. Hier habe man mit Neuland einen zuverlässigen Partner gefunden, mit dem man gerne zusammenarbeite. Der Anteil der von dort bezogenen Produkte liege bei Rindfleisch bei rund 80 Prozent und bei Schweinefleisch bei gut 40 Prozent. Auch bei Geflügel werden Produkte aus artgerechter Tierhaltung angestrebt. Fisch werde grundsätzlich aus bestandsschonender Fischerei beziehungsweise aus kontrollierter Aquakultur bezogen.

Im Wintersemester wurden die neuen Menülinien eingefügt. Über ein optisch eingängiges Farbschema in Blau, Grün und Orange kann sich der Gast schnell bei der Auswahl des Menüs orientieren. Die Menülinie „Mensa Global“ in Blau verspricht Gerichte, die umweltverträglich zubereitet werden. Es handelt sich um eine internationale und zu hundert Prozent pflanzliche Küche. „Mensa Active“ in Grün steht für Rezepte mit gesunden, ausgewogenen und nährstoffreichen Zutaten. Die dritte Linie in Orange ist „Mensa Classic“. Sie verwöhnt den Gast mit regionalen Spezialitäten aus traditioneller deutscher und europäischer Küche. Mit der Auszeichnung „KlimaTeller“ werden zudem Menüs gekennzeichnet, die klimafreundlich produziert werden und die mindestens 50 Prozent weniger CO₂-Emissionen als ein durchschnittliches Gericht verursachen.

„Nachhaltigkeit war uns auch bei der Verpackung wichtig“, so Heckmann. Seit November bietet das Studentenwerk die Mehrwegschale an. Die To-Go-Verpackung wird im Rahmen eines Pfandsystems genutzt: Die Gäste zahlen einmalig 7 Euro Pfand, bekommen das Essen in der hochwertigen und optisch schönen Schale aus Qualitätskunststoff und geben den gereinigten Behälter bei Abholung des neuen Menüs einfach wieder ab. „Die Schalen haben eine optimale Größe und halten absolut dicht. Ein großer Burger mit Pommes frites oder ein Eintopf können darin ohne weiteres mitgenommen werden“, ergänzt Heckmann. Von der hohen Nachfrage der nachhaltigen Mehrwegschalen sei das Team der Hochschulgastronomie überrascht worden. Die ersten 1.000 Schalen seien bereits nach wenigen Tagen im Umlauf gewesen, so dass 5.000 Exemplare nachbestellt wurden.

Fazit: Welche Erkenntnisse hat das Team der Hochschulgastronomie aus der Pandemie nun unter dem Strich gewonnen ? „Wir stellen uns grundsätzlich auf die Bedürfnisse unserer Kunden ein. Corona hat das verstärkt“, resümiert Heckmann. „Zu fragen, welche Bedürfnisse die Gäste haben und unsere Angebote darauf abzustimmen, bleibt ein kontinuierlicher Prozess auch über das Ende der Corona-Pandemie hinaus. Perspektivisch wird es noch dauern, bis wir zu den Zahlen vor der Corona-Krise zurückkehren werden. Wir werden alles dafür tun, denn wir wünschen uns nichts sehnlicher, als dass unsere Mensen wieder voll und belebt sind mit Studierenden und Mitarbeitern der Hochschulen.“ beh
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